Erfahrungsbericht von Mitgliedern der Klimaliste Deutschland, die an der Demonstration am 14.01.2023 in Lützerath teilgenommen haben.
Zehntausende, nach unserer Schätzung weit über 45-tausend, sind der von einem Bündnis aus u. a. BUND, Initiative “Alle Dörfer bleiben”, Campact, Fridays for Future und weiteren Organisationen aufgerufenen Demonstration für den Erhalt des Dorfes Lützerath gefolgt und haben dort fast ausschließlich friedlich mit den unterschiedlichsten gesellschaftlichen und klimabewegten Gruppen demonstriert ( https://www.tiktok.com/@parents4future/video/7188525031213878534 I https://twitter.com/parents4future/status/1614279114558431235?t=z2thxObXunuheyxsyM6BrA&s=09).
Auch die Klimaliste war mit Mitglieder aus dem gesamten Bundesgebiet vor Ort.
Zum einen aufgrund der Dringlichkeit, dass sich die Klimakatastrophe, aber doch eher die Menschheitskatastrophe, weltweit durch Temperaturrekorde, schmelzende Gletscher, Wirbelstürme, Unwettern zeigt. Zum anderen, weil Lützerath nicht nur ein Symbolort ist, sondern dass das Abbaggern der Braunkohle real ein massiver politischer Verstoß gegen das 1.5-Grad-Ziel darstellt. Deshalb verurteilen auch wir als Teil der Klimagerechtigkeitsbewegung auf das Schärfste den schmutzigen „Hinterzimmer-Deal“ der Politik mit dem Energiekonzern RWE. Wir stehen an der Seite aller Aktivisti in Lützerath und allen Protestierenden in ganz Deutschland. Dass Aktivisti, die sich für die Rettung unseres Planeten einsetzen, weil die Politik erneut versagt, nun wieder Mal rohe Polizeigewalt erfahren mussten, ist in keinster Weise zu akzeptieren und kann nicht kommentarlos hingenommen werden. Mit Bestürzen haben wir von den brutalen Eingriffen einiger Polizist:innen erfahren:
Zahlreiche Verletzungen durch Pfefferspray, mindestens eine Rippenprellung, mindestens ein Hundebiss, der im Krankenhaus behandelt werden musste. Demo-Sanitäter:innen bestätigen, dass Polizist:innen in einem Fall, trotz laufender Behandlung durch Sanitäter:innen, weiter auf die verletzte Person einschlugen. Zahlreiche Knochenbrüche, mindestens eine bewusstlose Person, zahlreiche Schläge mit Schlagstöcken und Fäusten, brutales Geschubse. Einiges wurde dokumentiert und mit Kameras aufgezeichnet. https://m.youtube.com/watch?v=9AsINjTvavw
Gerade, weil wir vor Ort waren, sind wir irritiert aufgrund der über die Berichterstattung in den Medien, die Polizei sei offensiv provoziert worden.
Die Polizei und die Medien gaben die Teilnehmendenzahl mit 10.000 an. Die Veranstalter:innen mit ca. 35.000. Obwohl die Hochrechnung anhand der Menschenschlange, siehe Videobeitrag Parents4Future, weit höher angesetzt werden könnte. Züge sind ausgefallen wegen Überfüllung, die Bahn hat trotz besseren Wissens keine Sonderzüge und keine Zusatzwaggons bestellt. Unzählige Menschen strandeten morgens um 9 Uhr am Kölner Hbf. und kamen erst nachmittags an, weil Züge einfach vorbeifuhren.
Vor Ort waren Polizist:innen am Einsatz beteiligt, die gepanzert mit Helmen, Schutzwesten und Schlagstöcken ausgestattet waren. Im Gegenzug waren die Aktivisti fast komplett passiv. Generell gibt es Trainings dazu, sich niemals zu wehren, da auch nur eine Geste als aktiver Widerstand gedeutet werden könnte und sie dann ins Gefängnis kommen würden.
Deshalb ist es wichtig, direkt vor Ort zu sein und den Blick in das selbstorganisierende Camp zu werfen, wo diese hilfsbereiten Menschen, die alle einen Beitrag leisten möchten, und die man am liebsten alle umarmen möchte, weil sie so großherzig sind, es in Stunden schafften, ein Camp für 1.000 Leute aus dem Boden zu stampfen. Unentwegt wurde Gemüse geschnippelt. Wege gebaut aus Holz und Paletten, damit man nicht im Matsch versinkt. Menschen mit Schneeschieber fangen selbsttätig an, die Wege von Matsch zu befreien, damit niemand ausrutscht. Es gibt die Shit-Brigade, die die Fässer unter den Holzverschlägen, die als Toiletten überall aufgebaut sind, zum Kanal bringen und ausleeren. Sanitäter:innen-Zelte werden aufgebaut. Zonen für hochsensible Menschen werden geschaffen. Abends sitzen viele musizierend zusammen.So kommentiert Flo das Zusammenleben im Camp.
Wir fordern die Gewährleistung von gewaltfreien Demonstrationen.
Wir fordern eine faire, angemessene, differenzierte Berichterstattung von Journalist:innen, die auch vor Ort sind, und die Veröffentlichung in einem Format, das Ereignisse in Gänze erfassen lässt und nicht nur Kurzausschnitte mit den reißerischsten Szenen.
Wir fordern, dass die Politik das Wohl der Bürger:innen, der nächsten Generationen, unserer Lebensgrundlage auf unserem Planeten verpflichtet ist und nicht den Interessen eines Großkonzerns.
Wir fordern einen sofortigen Stopp der Räumungsarbeiten und der Braunkohleförderung in Garzweiler II.
Wir fordern ein umgehendes Moratorium, das alle Akteur:innen gleichberechtigt miteinbezieht, und eine transparente Berücksichtigung aller vorliegendenbestehenden Gutachten.
Lützi lebt!
Quellen:
Polizeigewalt – Videobeweise -. Triggeralarm