Klimaliste

Deutschland

Redaktioneller Hinweis: Unsere Blogbeiträge sind Meinungen und Anregungen einzelner Mitglieder und nicht die abgestimmte Haltung der Partei Klimaliste.

Der Markt regelt – NICHT

Warum muss ein Markt reguliert werden?

Der Markt dient der Bestimmung des Preises für Waren und Dienstleistungen.

„Markt, der Ort (z. B. ein Marktplatz oder eine Markthalle), wo Verkäufer und Käufer von Gütern zusammenkommen, um zu handeln. Aus Sicht der Wirtschaftswissenschaften ist der Markt der Ort, an dem Angebot (Verkäufer von Gütern) und Nachfrage (Käufer von Gütern) aufeinandertreffen und der Preis ermittelt wird.“ [1]

Für eine einwandfrei funktionierenden Markt, bedarf es der Transparenz des Marktes.

Markttransparenz bedeutet, dass allen Anbietern und Nachfragern sämtliche Gegebenheiten auf einem Markt wie Güterpreise, Güterqualitäten, Nachfragemengen oder Lieferungs- und Zahlungsbedingungen bekannt sind. Sind die Anbieter vollständig informiert, wissen sie z. B., welche Güter die Nachfrager in welchen Mengen zu welchen Preisen kaufen wollen.“ [2]

Ohne Regulierung funktioniert kein Markt. Auch wenn es keinen vollkommenen Markt gibt, sollten wenigsten die Rahmenbedingungen so geregelt sein, dass maximal mögliche Markttransparenz und ungehinderter Zugang für alle Teilnehmenden (Kauf- und Verkauf-Seite) gewährleistet ist.

Auch Finanzmärkte müssen reguliert werden. Die Gruppe Deutsche Börse ist verpflichtet den Kapitalmarkt gemäß den geltenden Regularien zu überwachen. 

„Als Anbieter einer streng regulierten Finanzmarktinfrastruktur verfolgen wir, ebenso wie der nationale Gesetzgeber, die Europäische Union und die G20 das Ziel, transparente und regulierte Märkte zu stärken.“ [3]

Die Regulierung des Finanzmarktes ist aufwändig. Das lässt sich an der Menge der internationalen Regelungen (Basel III, Dodd-Frank Act, MiFID II, Securities Act of 1933, General Data Protection Regulation (GDPR)) gut erkennen.

„Die Finanzmarktregulierung ist ein wesentlicher Bestandteil der globalen Wirtschaft. Sie dient dazu, die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten, die Integrität der Märkte zu schützen und Verbraucher vor Betrug und Missbrauch zu schützen. Die Finanzmarktregulierung umfasst eine Vielzahl von Gesetzen, Vorschriften und Bestimmungen, die von Regierungsbehörden und Aufsichtsbehörden erlassen werden.“ [4]

Was bedeutet Privatisierung?

Die Deutsche Bahn wurde 1994 privatisiert.

„Vor 25 Jahren wurde der überschuldete Staatsbetrieb Deutsche Bahn zum privatrechtlichen Konzern. Die damals beschlossenen Einsparungen spüren Fahrgäste heute mehr denn je.“ [5]

Es wurde betriebswirtschaftlich sinnvoll gehandelt. Die Belegschaft wurde halbiert und unrentable Strecken wurden stillgelegt. Das führte zu den aktuell großen Problemen:

  • Ländliche Gebiete sind vom ÖPNV abgeschnitten
  • Die Kapazitäten der Bahn sind oft nicht ausreichend
  • Die Infrastruktur ist heruntergewirtschaftet. Sowohl die Schiene als auch der Fuhrpark (Züge) sind in extrem schlechten Zustand. [6]

Aktuell gibt es nur noch 17 Ausbesserungswerke bei der Bahn, 70 wurden geschlossen.[7]

Instandhaltung und Wartung wurden also auf ein Minimum reduziert. Das macht sich dann bei Betriebsstörungen (z.B. defekte Türen) bemerkbar. Wer kennt sie nicht, die Züge, bei denen Wagen fehlen oder wegen Defekt geschlossen wurden.

Im Koalitionsvertrag der letzten Bundesregierung zwischen CDU/CSU und SPD stand, 

„Eine Maximierung des Gewinns stehe nicht mehr Vordergrund, heißt es dort. Vielmehr soll eine Maximierung des Schienenverkehrs erfolgen.“ [8]

Damals wurde erkannt, dass Privatisierung und die damit erzwungene betriebswirtschaftliche Ausrichtung der Bahn nicht zielführend ist.

Die Liste der gescheiterten Privatisierungen im Rahmen der Ideologie des New Public Management ist lang. Beispiele sind:

  • Polizeiruf 110 – „Nichts funktioniert mehr richtig.“ [9]
  • Pflege der Panzer – „Danach stieg die Zahl der McKinsey-Berater an – und die der einsatzbereiten Panzer ging zurück.“ [8]
  • Krankenhäuser – „Ärzte und Patienten kennen die Folgen seit Langem: ruinöser Wettbewerb, Überbürokratisierung, Funktionsverlust.“ [9]
  • „Die Bilanz der Privatisierungen in Deutschland fällt tendenziell negativ aus – zumindest aus der Sicht der Beschäftigten und der Kund:innen.“ [10]

Ein weiteres Beispiel ist die Privatisierung der Deutschen Telekom und die damit verbundene Öffnung des Marktes. Der Markt hat geregelt und die deutschen Verbraucherpreise für Telekommunikationsdienstleistungen auf europäische Spitzenplätze gebracht.

  • Platz drei für mobiles Internet[11]
  • Platz eins für stationäres Internet[12]

Ein zusätzlicher Effekt der Privatisierung im Kommunikationsbereich ist die schlechte Erschließung der weniger dicht besiedelten Gebiete, weil sich das für die am Mark teilnehmenden privaten Unternehmen betriebswirtschaftlich nicht lohnt. Hier zeigt sich eine Analogie zur Privatisierung der Bahn. Es zeigt sich, dass Privatisierung ohne gleichzeitige Einführung einer Marktregulierung nicht dem Allgemeinwohl dient.

Die FDP schadet mit ihren Forderungen uns allen

Im Wahlprogramm der FDP für die Bundestagswahl 2021 setzt die FDP auf weitere Privatisierung im Bahnverkehr und fordert „Bahnverkehr privatisieren – mehr Wettbewerb auf der Schiene“. [13]

Die hessische FDP fordert sogar die Privatisierung des öffentlich rechtlichen Rundfunks[ 14] und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA)[15]

Nach Meinung der FDP ist es am effizientesten den Markt selbst regeln zu lassen. „Christian Lindner und die FDP: Der Markt regelt alles“. [16]

Die FDP sieht Privatisierungen als Element ihrer neoliberalen Politik und folgt damit immer noch der Ideologie des New Public Management. Mit dem Mantra „der Markt regelt“ setzt sie bei der Lösung fast aller Probleme auf die Privatisierung. Gleichzeitig vertritt die FDP einen radikalen Freiheitsbegriff, was dazu führte, dass Freiheit als Floskel zur Jahres 2022 wurde. 

„In den medialen Debatten werde der Freiheitsbegriff von Egomaninnen und Egomanen entwürdigt“ [17]

Die Kombination der Forderungen „der Markt regelt“ und „Freiheit“ heißt, die FDP fordert die Privatisierung in einen ungeregelten Markt, in dem zwangsläufig das Recht des Stärkeren gilt. Das führt dann – wie immer – zu unfairen Preisen zu Lasten der Verbraucher, geht zu Lasten der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und ist damit Volkswirtschaftlich schädlich. Lediglich ein paar Wenige profitieren davon.

  1. „Markt“, Bundeszentrale für politische Bildung, in: Das Lexikon der Wirtschaft, Bonn 2016. ↩︎
  2. „Markttransparenz“, Bundeszerntrale für politische Bildung, in: Das Lexikon der Wirtschaft, Bonn 2016. ↩︎
  3. Deutsche Börse Group, Finanzmarktregulierung bei der Gruppe Deutsche Börse – Ein Überblick . ↩︎
  4. Kanzlei Herfurtner, Was Sie über Finanzmarktregulierung wissen müssen . ↩︎
  5. Nürnberger, Dieter: Erfolgreiche Weichenstellung. Die Privatisierung der Bahn 1994, Deutschlandfunk 01.01.2019. ↩︎
  6. Tagesschau: Pünktlichkeitsstatistik der Bahn, Verspätungen bei Fernzügen nehmen zu, 15.09.2023. ↩︎
  7. Wikipedia, Ausbesserungswerk. ↩︎
  8. Nürnberger, Dieter, Erfolgreiche Weichenstellung? Die Privatisierung der Bahn 1994, Deutschlandfunk. ↩︎
  9. Wirsching, Andreas, Kommentar: Gescheiterte Privatisierungen. Das wird uns noch lange wehtun, Deutschlandfunk Kultur. ↩︎
  10. Dr. Bois, Marcel, Denkanstoß Geschichte: „Weniger Staat, mehr Markt“. Eine kurze Geschichte der Privatisierungen in Deutschland, 13.04.2023. ↩︎
  11. Bocksch, René, Mobiles Internet. Das kostet mobiles Internet in Europa, statista 07.07.2020.
    ↩︎
  12. Verivox, Pressemitteilung: Europa-Vergleich: Deutschland surft am teuersten, 06.04.2018. ↩︎
  13. FDP, Das Wahlprogramm der Freien Demokraten zur Bundestagswahl 2021. ↩︎
  14. Knop, Carsten, Vorschlag der FDP : Warum eigentlich kein privates ZDF?, 18.12.2020.
    ↩︎
  15. Wirtschaft, FDP will Privatisierung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. ↩︎
  16. extra3, Christian Lindner und die FDP: Der Markt regelt alles,16.09.2021. ↩︎
  17. Deutschlandfunk Kultur: Der Begriff „Freiheit ist Floskel des Jahres, 02.01.2023. ↩︎