Mit Bestürzung und Unverständnis reagieren Mitglieder und Vorstand der Klimaliste Deutschland auf die Ankündigung der Ampelkoalition im Bund, die Unabhängigkeit von russischer Gasversorgung durch fossile Energieträger wie Braunkohle und Atomkraft erreichen zu wollen.
Chance für die energiepolitische Kehrtwende
„Der Ukraine-Konflikt macht wie niemals zuvor unsere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern deutlich und stellt diese in Frage“, sagt Lara Baumanns, Vorstandsmitglied der Klimaliste Deutschland. Im Angesicht der sich ungebremst weiter verschärfenden Klimakrise eröffne die aktuelle Situation eine gewaltige politische Chance, um eine entscheidende gesellschaftliche Kehrtwende einzuleiten.
Laut Weltklimarat IPCC bleibt nur noch ein Zeitfenster von drei bis vier Jahren, um die schlimmsten Auswirkungen der Erderhitzung zu vermeiden. Die steigenden Energiepreise für Öl, Gas, Benzin und Diesel sind nach Ansicht der Klimaliste Deutschland ein guter Anlass für eine entschiedene politische Kehrtwende in der Energie- und Verkehrspolitik. „Wir haben eine ähnliche Situation wie in der Ölkrise 1973“, sagt Vorstandsmitglied Alexander Grevel, „im Unterschied zu damals gibt es zum sofortigen Handeln aber keine Alternative mehr. Wir brauchen eine Klima-Kehrtwende, keine Atom- und Kohle-Nostalgie.“
Grüne: plötzlich rückwärtsgewandt in der Klimakrise
Von einer Bundesregierung mit grüner Beteiligung ist eigentlich genau das zu erwarten. Doch die sich angesichts von Putins Überfall auf die Ukraine entfaltende Diskussion um unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen wird von den Grünen weitgehend ignoriert. Die Partei, die mit dem Versprechen vom ökologischen Wandel angetreten ist, hat eine erschreckende Kehrtwende hingelegt. „Sie zeigt sich in der aktuellen Krise als rückwärtsdenkende Ansammlung von Konservativen, die unter Robert Habeck und Annalena Baerbock eine ebenso ideen- wie haltungslose Politik betreibt“, kritisiert Vorstandsmitglied Arturas Miller. Habeck stelle dies unter Beweis, wenn er „Versorgungssicherheit wichtiger als Klimaschutz“ fände und eine Rückkehr zu Kohle und Atomkraft als einzig gangbare Option verkaufe.
Anstatt den versprochenen gesellschaftlichen Aufbruch zu wagen, fehlt den Grünen der Mut zu einer alternativen Energiepolitik – und der Wille, die dadurch kurzfristig entstehenden Mehrkosten zu finanzieren, ohne Geringverdiener zu entlasten. „Stattdessen haben die Grünen praktisch diskussionslos dem 100-Milliarden-Euro-Paket für die Bundeswehr zugestimmt“, sagt Lara Baumanns. Ob sich darin auch Mittel für den Ausbau der Erneuerbaren finden – und ob diese auch nur annähernd ausreichen – stehe in den Sternen.
„Wir betrachten das Abnicken des Aufrüstungs-Pakets als Verrat an der Klimabewegung und ihren Zielen“, sagt Alexander Grevel. Er sieht einen radikalen Kurswechsel in der gesamten Ampelkoalition, deren Blick sich in der Not in die Vergangenheit richte statt nach vorn.
Wir sagen Stopp! Jetzt ist die Zeit, klimapolitisch zu handeln
Eines hat die Bundesregierung mit ihrem 100-Milliarden-Versprechen aber klar gemacht: Wenn es sein muss, ist durchaus Geld vorhanden. Machbarkeit ist eine Frage des politischen Willens und nicht vermeintlicher Möglichkeiten. Die Klimaliste Deutschland fordert daher die Bundesregierung auf, in der Klimakrise entsprechend zu handeln – und zwar sofort. Eine Abkehr vom russischen Gas und insgesamt von den fossilen Energien ist möglich, finanzierbar und bietet Chancen für einen schnellen Ausbau erneuerbarer Energien. „Wir wollen, dass die Bundesregierung anfängt, aktiv eine klimaneutrale Zukunft zu gestalten“, sagt Lara Baumanns.
Das Sofortprogramm der Klimaliste Deutschland
Die Klimaliste Deutschland sagt Nein zu ideenlosen Maßnahmen, die eine Rückkehr in die Vergangenheit beschwören und dem Klima schwersten Schaden zufügen. „Wir wollen stattdessen eine Politik, die den Grundstein legt für eine lebenswerte und friedliche Gesellschaft“, sagt Alexander Grevel. Daher legt die Klimaliste Deutschland ein klimapolitisches Sofortprogramm vor, das wesentliche Punkte aus dem sich aktuell noch in der internen Abstimmung befindenden Parteiprogramm aufgreift.
Folgende Maßnahmen müssen sofort beschlossen und umgesetzt werden, damit der Klimakrise begegnet und die gesellschaftliche Abhängigkeit von fossilen Energieträgern beendet werden kann:
- Entbürokratisierung des Einsatzes von Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) in Privathaushalten (Holländisches Modell). Förderprogramme für private PV-Anlagen
- Bis 2025 eine PV-Produktion von 200 Gigawatt, nicht den von der EU geplanten 20 Gigawatt
- Abbau der bürokratischen Hürden zum Bau und Einsatz von Windkraftanlagen
- Aufbau und Förderung eines Fahrradstraßen-Systems für alle Großstädte in Deutschland
- Einführung einer Stadtmaut für Verbrenner
- Tempolimit 120 auf allen Autobahnen
- Bundesweite Prämien für den Erwerb von Lastenfahrrädern, Fahrrädern und E-Bikes
- Rückführung der Bahn in staatliche Hand zu 100 Prozent in Kombination mit einem massiven Investitionsprogramm, welches den ländlichen Raum besser erschließt
- Förderung innovativer Technologien zur Senkung des Energieverbrauchs in Wirtschaft und Industrie durch Kontingentierung der Energieverbrauchsmengen.
- Förderprogramm für innovative Energie-Speichertechnologien und deren Erforschung
- Aufbau von Wärmenetzwerken
„Wir gehen davon aus, dass diese Maßnahmen mit deutlich weniger als zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes pro Jahr umgesetzt werden können“, sagt Arturas Miller. Der Nutzen läge zudem auf der Hand. Die Klimaliste Deutschland fordert daher die Ampelkoalition auf, sich zu den Vorschlägen zu äußern und in eine Diskussion einzutreten, mit der die sofortige Umsetzung vorangetrieben werden kann.