Ein Dorf im rheinischen Braunkohle-Revier am Grubenrand von Garzweiler II.
Das Revier ist eine der größten CO2 Quellen Europas. Der Bergbau zerstört Natur- und Ackerflächen und Lebensräume. Menschen werden umgesiedelt; wenn nicht freiwillig, dann unter massiven Druck. RWE erzwingt die vorzeitige Besitzeinweisung auf Grundlage des, im III. Reich dafür modifizierten, Bergrecht.
Ein Fortschreitende des Tagebau führt unmittelbar zur Überschreitung der deutschen 1,5° Grenze. Für das Missachten der Ziele des Pariser Klimaabkommen schieben sich Entscheider von RWE, Politik und Justiz gegenseitig die Verantwortung zu. Hilft das den vom Klimawandel Betroffenen?
Der Lössboden des rheinischen Revier ist einer der fruchtbarsten Böden Europas, vergleichbar nur mit dem der Magdeburger Börde und der Ukraine. Deshalb ist dort eine der ältesten Agrar-Kulturlandschaften weltweit – Artefakte beweisen 7000 Jahre alte Holzbauten (Brunnen).
Unter Lützerath liegt eine mächtige Braunkohle-Schicht, für deren Abbau der Ort Lützerath noch in diesem Jahr abgebaggert werden soll. Weder sind diese Mengen für den aktuellen Kraftwerksbetrieb erforderlich, noch ist die Verbrennung dieser weiteren 650.000.000 t Braunkohle für die Einhaltung der deutschen Klimaziele vertretbar. Dies belegt ein DIW Gutachten.
In dem Ort organisieren sich Klimaaktivsten unterschiedlicher Motivation um die 1,5° Grenze zu verteidigen. Die prominenten FFF Vertreter Vanessa, Greta, Luisa und Carla waren alle vor Ort, sind jedoch neben bürgerlichen und religiösen Gruppen, den Zapatista, den aktivistischen Gruppen und vielen Anderen nur ein Teil des breiten Spektrum des Widerstandes.
All dies ist bekannt und soll hier nicht ausgeführt werden. Die Räumung des Ortes unter der Regie der Schwarz – Grün Landesregierung steht sehr wahrscheinlich bevor. Um dies noch zu verhindern ist Handeln erforderlich.
Symbol Lützerath
Von Landespolitikern wurde Lützerath als Symbol abqualifiziert. Es stimmt, es ist auch ein Symbol. Symbol durch die Symbiose der vielfältigen Initiativen zum Einhalten der 1,5° Grenze. Allerdings ist die Auseinandersetzung aufgrund der Bedrohung durch die, infolge der Verbrennung fossiler Brennstoffe verursachten, Klimaerwärmung existentieller Ernst. Im weltweiten Massstab „jetzt“.
Der letzte Bauer im Dorf, Eckardt Heukamp, musste nach mehrjährigem Klageweg verkaufen.
Er hat Unglaubliches für die Klimabewegung geleistet und tut dies auch weiterhin.
Das Bild zeigt den Bauer Eckhardt Heukamp mit einem Dorfbewohner bei einem Dorfspaziergang.
Es ist das zweite Mal, dass RWE ihn vertreibt, diesmal von seinem elterlichen Hof. Große Teile seines Ackerlandes befinden sich bereits in der Tagebaugrube. Er möchte dennoch bleiben.
Eckhardt Heukamp hatte bis vor zwei Jahren keinen Bezug zu den Aktivisten und deren Überlegungen. Das Kennenlernen und die Kooperation mit den Aktivisten und die Kommunikation und die gegenseitige Unterstützung ist ein beachtenswerter Prozess – beidseitig!
Aktuelle Situation in Lützerath
Am Mittwoch den 3. August errichtete RWE einen Wall um Lützerath. Diese Umfriedung wird, vermutlich, bei einem Räumungsversuch der Markierung der Dorf-Flächen als Betriebsgelände dienen. Die Arbeiten begleiteten circa 80 Securities. Wertvolle Ackerfläche ist zerstört. Aktivisten wurden getreten und anders handgreiflich angegriffen. Die Polizei war nach dieser Eskalation durch die RWE Mitarbeiter präsent. Sechzehn Menschen aus Lützerath wurden am Vormittag verhaftet und in Gefangenen-Kleintransportern nach Erkelenz verbracht. In diesen Fahrzeugen mit ihren drei Doppelzellen je Bulli wurden sie, in sengender Hitze, festgehalten. Erst gegen 21 Uhr erfolgte, nach Vorführung vor den Haftrichter, der Transport von 8 Personen zur GESA Aachen und Mönchengladbach. Vier dieser Menschen wurden, unter maximaler Ausnutzung des NRW Polizeigesetzes, volle sieben Tage bis Donnertag den 11. August, Nachmittag, in Isolationshaft festgehalten. Das Vorgehen der RWE und Behörden ist unangemessen.
Bildquelle Lützi-Lebt Facebook. #Heimatplanetenverteidiger auf dem Weg zum und vom Haftrichter, Erkelenz am Mittwoch den 03.08.2022
Die aktuellen Ereignisse selbst sind in den sozialen Medien verbreitet und nachvollziehbar. Presseveröffentlichungen werden folgen.
Zu diesen Vorgängen ergab sich mit zwei Aktivisten aus Lützerath ein Gespräch. Dirk, ein Aktivist aus dem Umfeld @LuetziBleibt und eine von den Maßnahmen der Behörden unmittelbar betroffene Person „er“.
Es erscheint mir wichtig die Motivation dieser Aktivisten zu vorzustellen. Die beiden Gespräche sind aus der Erinnerung sinngemäß zusammengefasst wiedergegeben.
Wie bist Du zum Klimaaktivismus gekommen?
Dirk Dirk hat einige Zeit in einer Nahrungsmittelfabrik gearbeitet.
Die Suche nach einem Wandel im Leben und den Abhängigkeiten zusammen mit Klimaaktivismus brachten Dirk für ein Jahr in den Hambacher Forst.
„er“ Das Engagement begann mit Fridays for Future.
Darauf folgte das Engagement in Hochschul- und antifaschistischen Gruppen.
Was ist die Hauptursache für das Unterbleiben wirksamer Klimaschutzmaßnahmen?
Dirk Trägheit der Masse, fehlendes Verantwortungsbewusstsein.
„er“ Auf menschlicher Ebene ein Wohlfühlen, die Gefahren werden nicht wahrgenommen. Auf politischer Ebene verhindert Lobbyismus und undemokratische Einflussnahme durch Konzerninteressen wirksames Handeln.
Welche positiven Erfahrungen verbindest Du mit Lützerath?
Dirk Zeit, Engagement stehen hier im Vordergrund nicht „Geld“. Individuelle Fähigkeiten werden eingesetzt.
„er“ Aktiver Widerstand auf persönlicher Ebene. Vertrauen und das Gefühl Etwas zu leisten.
Gibt es in Lützerath präferierte Gruppen Vorstellungen?
Dirk Jeder ist willkommen, Lützerath ist ein inkludierendes Projekt.
„er“ Alle sind eingeladen, Ausnahme bleiben rassistischer Anschauungen. Es wird keine radikalen Einstellungen und keine Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen erwartet.
Welche Erwartungen hast Du an Unterstützende ausserhalb des Dorf?
„er“ Scheut Euch nicht!
Welche Hoffnung hast Du für Lützerath?
„er“ Lützerath bleibt. Im Optimal-Fall als Ort zum Vernetzen und Zusammenleben.
Hast Du eine Stellungnahme zu den aktuelle Ereignissen?
Dirk Das Vorgehen von RWE war brachiale Gewalt. RWE hat gezeigt, wie weit sie bereit sind zu gehen.
„er“ Sie haben getestet wie weit sie gehen können. Menschen wurden von Sicherheitskräften angegriffen und angefasst. Das ist unzulässig. Sieben Tage Gewahrsam ist moralisch völlig unangemessen.
Eine wichtige Anmerkung hat „er“ noch gemacht:
Viele Menschen sagen, sie kommen zur Räumung, um zu unterstützen. Natürlich ist das positiv. Allerdings: Menschen werden immer gebraucht.
Eine Räumung bedeutet „Stress“. Es ist problematisch, wenn Unterstützer keinen Bezug zu den Aktiven und Gruppen vor Ort und keine Ortskenntnis haben.
Dieses Interview zeigt exemplarisch Einblick in die Sichtweise einzelner Aktivisten. Ich danke für die Zeit und Gespräche und hoffe es ist inhaltlich korrekt wiedergegeben.
Um Schwellen zu senken. Das Spektrum ist vielfältig. Inhaltliche Diskussion immer gerne – am besten direkt vor Ort! Unterstützt.
Hinweise auf bevorstehende Aktionen
20.08. dezentraler Aktionstag „Lützerath ist überall!“
Ab 16.30 Uhr in Lützerath: Dorfspaziergang + Rote Linie
@MaWaLuetzerath
24.08.-29.08. Klimacamp X Lützerath 2022
http://www.klimacamp-im-rheinland.de
27.08. Großdemonstration in Köln „Enteignen statt Krise – eine klimagerechte Zukunft aufbauen“
https://rwe-enteignen.de/demo/
31.08.-01.09. Nachtwache in Lützerath von Kirchen im Dorf lassen
https://www.kirchen-im-dorf-lassen.de/
01.09. Frühstück in Lützerath mit Alle Dörfer bleiben
03.09. Großdemonstration in Lützerath
„Für keine Kohle dieser Welt“
https://luetzerathlebt.info/demo
23.09. Globaler Klimastreik von Fridays for Future
23.-27.09. Unräumbar-Festival
https://luetzerathlebt.info/event/unraeumbar-festival-2/
Detaillierte Infos zu den Veranstaltungen findest du auf den Homepages und Twitteraccounts der Gruppen.