Klimaliste

Deutschland

Redaktioneller Hinweis: Unsere Blogbeiträge sind Meinungen und Anregungen einzelner Mitglieder und nicht die abgestimmte Haltung der Partei Klimaliste.

EU-Renaturierungsgesetz beschlossen – Was das für Umweltschutz in der EU bedeutet

Das Renaturierungsgesetz ist inzwischen von der EU verabschiedet worden. Damit es nicht nur ein Feigenblatt bleibt, müssen alle Umweltverbände und sonstigen Stakeholder auf die Umsetzung des Gesetzes achten und es notfalls anmahnen.
Die Ausgangslage bzw der Ist-Zustand zeigt dass mehr als 80 % aller Lebensräume in der EU bereits in einem ökologisch schlechten Zustand sind oder gar verloren sind. So können begradigte Flüsse und zerstörte Auen keinen Hochwasserschutz mehr leisten, den wir jetzt so dringend bedürfen. Auch stoßen kranke Wälder mehr CO2 aus, anstatt diesen Kohlenstoff zu speichern. Das vielfach beklagte Insektensterben betrifft nicht nur die Bienen als Bestäuberinnen im Obstanbau und damit unsere Nahrungsproduktion, sondern dieser Mangel an Insekten entsteht auch dort wo sie keinen Lebensraum mehr finden und es z.B. Bodenlebewesen nicht mehr möglich ist, durch den Abbau der Pflanzenreste, zur Bodenverbesserung beitragen zukönnen. Jeder gefällte Baum, jede gemähte Wiese führt zum Verlust von Lebensraum und Nahrung für Insekten und vor allem auch Monokulturen verhindern eine zur Bestäubung notwendige Artenvielfalt. Bereits heute leidet die Hälfte der Ackerkulturen, welche auf Bestäubung angewiesen ist, an Mangelerscheinungen. Der Weltdiversitätsrat hat dieses analysiert und die EU Kommission folgt nun mit diesem Renaturierungsgesetz der Analyse, um den Artenverlust zu stoppen. Außerdem hatte sich in Montreal auf der Weltnaturkonferenz die Staatengemeinschaft auf 2 Ziele geeinigt. Diese versprechen 30 % der Erde werden unter Schutz gestellt und weitere 30 % werden renaturiert.
Das EU Renaturierungsgesetz ist das erste Gesetz weltweit, das eine Staatengemeinschaft nicht nur dazu verpflichtet „die Natur zu bewahren“ sondern auch dazu dienen soll, bereits zerstörte Natur und beschädigte Ökosysteme wieder in einen „guten“ Zustand zu bringen.
Das EU Renaturierungsgesetz verfolgt dabei einem Stufenplan.
Dieser sieht vor :
Es soll bereits, bis 2030, auf 20 % der EU Fläche zu einem Anlaufen von 30 % der geplanten Maßnahmen für die Renaturierung der geschädigten Flächen gekommen sein.
Bis 2040 sollen die Staaten dann weitere 30 % geeignete Maßnahmen in Angriff genommen haben.
Bis 2050 müssen 90 % der geschädigten Flächen in Renaturierungsmaßnahmen sein.
Darunter fallen auch Agrarökosystemen, denn knapp 10 % der Landwirtschaft findet auf trocken gelegten Moorböden statt. Das bedeutet, bis 2030 müssen, auf mindestens 1/4 der Flächen, Wiedervernässungen angefangen sein. 2050 soll dann die Hälfte aller ehemaligen Moorflächen bereits renaturiert sein, wobei 1/3 davon durch das Versiegeln von Entwässerungsgräben erfolgen kann.
Allein die Methode der Wiedervernässung gilt als die wirksamste Maßnahme, um biologische Vielfalt zu fördern und den Treibhausgasausstoß zu stoppen. Gleichzeitig bedeutet es nicht, dass auf diesen Flächen keine landwirtschaftliche Nutzung mehr erfolgen kann. Es werden darüber hinaus auch andere Äcker in die Renaturierung mit einbezogen, z.B. durch Landschaftselemente wie Anpflanzungen von Hecken, Gebüschen, Bäumen oder Grünlandinseln, um die Kohlenstoffspeicherung im Boden zu fördern. Die Renaturierung der Landwirtschafts- und Waldflächen war besonders umstritten und hat in dem Gesetz zu einigen Notbremsen für die Land- und Forstwirte geführt. Sie können nicht verpflichtet werden an Renaturierungsprogrammen der Länder teilzunehmen und es ist den Ländern freigestellt, Vorranggebiete zur Renaturierung zu bestimmen ( z.B. als Natura 2000 Gebiete). Eine weitere Notbremse ist die Möglichkeit, Ertragseinbrüche über Biodiversitätsziele zu stellen. Um das zu verhindern, soll es finanziell lukrative Anreize zur Teilnahme an Renaturierungsprogrammen geben.
Eine Liste von konkreten Maßnahmen lautet:
-Verzicht oder Reduktion von Düngern und Pestiziden
-Anlegen von naturnahen Vegetationen entlang von Bächen, Heckenpflanzungen.
-Nutzung von Paludikulturen (nasse Landwirtschaft) z.B. Haltung von Wasserbüffeln oder Rohrkolbenanbau für Dämmstoffe oder als Verpackungsmaterial
-Wälder statt Forste durch Nutzungsaufgabe der Eigentümer
-Flußmäandern wieder ermöglichen durch Umgestaltungsmaßnahmen, Auen und Auetäler schaffen
-Meer gegen Schadstoffe schützen, Maßnahmen gegen Vermüllung ergreifen, Lärmschutz in der Tiefsee
-Städte mit mehr Baumbepflanzungen und Dachbegrünung, u.v.m.
Die entstehenden Kosten werden, laut der Naturschutzverbände, bei 20 – 30 Milliarden EUR pro Jahr betragen. Deren Finanzierung wird aus dem EU Haushalt gefordert. Im Vergleich dazu gibt es jetzt eine Fördergröße von 390 Milliarden EUR. Diese fallen derzeit in einem 7 Jahres-Förderzeitraum, allein für Agrarsubventionen, an. Das macht also über 55 Millarden EUR im Jahr für Agrarfördergelder aus. Dennoch hat sich die EU Kommission bereit erklärt, innerhalb eines Jahres, Vorschläge vorzulegen. Sie will aus verschiedenen EU-Töpfen diese Mittel bereit stellen.
Hält man dem entgegen was eine Verschlechterung der Böden allein im Agrarbereich kosten wird, betragen die entstehenden Kosten 50 Milliarden EUR mehr, als die Renaturierung sämtlicher Lebensräume im selben Zeitraum kosten würde. Dennoch sehen die EVP mit ihren Mitgliedern CDU und CSU eine zu starke Belastung für die Landwirtschaft und fehlende ausreichende Finanzierungszusagen der EU und haben dem Gesetz nicht zugestimmt.
Hier liegt eindeutig eine Verweigerung der Gemeinwohlinteressen vor. Die wirtschaftlichen Interessen einiger Verbände der Landwirtschaft, der Waldwirtschaft und einiger Industrien sollten Vorrang haben. Diese Verbände haben mit Protesten und Propaganda versucht das Gesetz zu verhindern, was ihnen nicht gelungen ist.
Nun ist es an den Staaten, in den kommenden 2 Jahren, eigene Pläne zur Umsetzung des Renaturierungsgesetzes zu erarbeiten und nach Brüssel zu geben. Danach hat die EU Kommission 1/2 Jahr Zeit, um diese zu bewerten und Verbesserungen vorzuschlagen. Welche dann aber leider nicht bindend sind.
Green Peace bewertet dieses Gesetz, als einen Hoffnungsschimmer für den Green Deal der EU und einen riesigen Erfolg für Mensch und Natur. Endlich gibt es einen Rahmen, mit dem zerstörte oder geschädigte Flächen, Landschaften, Moore wieder aufgewertet werden, bevor die Klimakrise völlig außer Kontrolle gerät ,teilen sie mit. Wenn nun noch das Bundeswaldgesetz geändert und angepasst wird, bzw. bei den intensiv genutzten Wäldern ein neuer Standard eingeführt wird, dann seien unsere ökologischen Systeme gestärkt und unsere Lebensgrundlagen würden nicht länger durch Artenschwund gefährdet.
Sorgen wir dafür, dass unsere Regierung das Weltnaturabkommen einhält und das EU Renaturierungsgesetz umsetzt, anstatt sich mit Strafzahlungen wegen Nichteinhaltung frei zukaufen. Die Zeit drängt und lange Planungsphasen sind nicht möglich, wenn die Zeitvorgaben eingehalten werden sollen. Mit Strafzahlungen lässt sich kein Klimawandel stoppen. Eine wieder hergestellte Natur hält uns gesund und sichert unsere Lebensgrundlagen.