Das Bewusstsein für Dramatik und Folgen der Klimakrise für das Leben zukünftiger Generationen ist in weiten Teilen von Politik und Gesellschaft noch nicht verankert. Darum müssen wir neue Protestformen unterstützen, die Diskussionen anregen und den Ernst der Lage deutlich machen.
Wissenschaftler:innen werden ignoriert
- Die dramatischen Appelle der Wissenschaft verklingen seit Jahrzehnten ungehört – oder werden aufgrund von Eigeninteressen ignoriert.
- Die weltweit zunehmenden Wetterextreme der vergangenen fünf Jahre, etwa anhaltende Hitzewellen, Trockenheit, großflächige Brände (in Australien, den USA, Kanada und Russland), Starkregenereignisse und Überschwemmungen, das Abtauen der Permafrostböden und Gletscher, sind nur die Vorboten einer sich zunehmenden erhitzenden Atmosphäre. Die Menschheit insgesamt ist durch die Klimakrise existenziell bedroht.
- Selbst die zunehmend als deutliche Warnungen formulierten IPCC-Berichte verhallen in vielen Ländern ohne spürbare Konsequenzen – leider auch bei uns. Im sechsten IPCC-Bericht zu 2021/2022 heißt es: „Das Ausmaß der jüngsten Veränderungen im gesamten Klimasystem – und der gegenwärtige Zustand vieler Aspekte des Klimasystems sind seit vielen Jahrhunderten bis Jahrtausenden beispiellos.“
- Laut der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) lag die globale Durchschnittstemperatur 2021 bei etwa 1,11 Grad über dem Niveau von 1850 bis 1900.
Ungebremst zu 1,5 Grad
Damit steuern wir ungebremst noch in diesem Jahrzehnt auf die 1,5-Grad-Grenze zu. Bereits deren Erreichen hätte schwerwiegende Folgen für das Weltklima und die Menschheit. Dazu kommt, das Kippunkte bereits überschritten sind und die globale Erwärmung sich zu verselbstständigen droht. Wir brauchen daher ein sofortiges Handeln der Politik, eine Transformation der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität und ein gesellschaftliches Bewusstsein für die existenzielle Bedrohung durch die Klimakrise.
Fakt ist: Wir leben auf Kosten der zukünftigen Generationen. Dass dies nicht so bleiben kann, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem wegweisenden Urteil von 2021 festgestellt. Die Zeit, in der wir die dramatischen Folgen der Klimaerwärmung abbremsen können, ist jetzt. Der Handlungsspielraum schrumpft und beschränkt sich bereits jetzt auf den Zeitraum der kommenden drei bis vier Jahre.
Die mangelnde Bereitschaft der Politik in Regierungsverantwortung im Sinne von Artikel 20a unseres Grundgesetzes („Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“ ) aktiv zu werden, ist keine Entschuldigung für das eigene Stillhalten. Wir sind als Bürger:innen verpflichtet, im Sinne des Gemeinwohls zu handeln. Dazu gehört es auch, Proteste zu unterstützen, selbst wenn diese zu Einschränkungen im persönlichen Alltag führen. Ein Beispiel dafür sind die Straßenblockaden der Aktivisti von „Aufstand der letzten Generation“.
Wenn das „Weiter so“ der wahre Wahnsinn ist
Wenn wir Widerstand gegen Stillstand in der Klimakrise als oberstes Gebot betrachten, sollten wir nötige Grenzverletzungen, die Leib und Leben nicht gefährden, nicht grundsätzlich verdammen, sondern begrüßen. Wenn das „Weiter So“ in Politik und Gesellschaft der wahre Wahnsinn ist, muss Widerstand zur Normalität werden.
Wir solidarisieren uns daher mit der Gruppierung „Aufstand der letzten Generation“, welche mit ihren Aktionen den zur Normalität geworden Wahnsinn aufzeigen. Angesichts einer tatenlosen Politik bringen die Aktivisti eine von uns geteilte Verzweiflung und Ohnmacht zum Ausdruck. Ihre Forderungen sind nicht utopisch, im Gegenteil. Was spricht zum Beispiel gegen ein Verbot des Vernichtens von Lebensmitteln, wie es in Frankreich längst eingeführt ist? Wir schließen uns diesen Forderungen an und bitten Euch, dies ebenfalls zu tun. Denn der Druck muss jetzt erhöht werden, damit die Politik reagiert und wir nicht alle einen zu hohen Preis für deren Versagen zahlen müssen.
Quellen:
Aufstand der letzten Generation
World Meteorological Organization
Foto: @DerPilger (CC BY 4.0)