Von der Computersimulation zum Politik verändernden Weltbestseller: Heute vor 50 Jahren wurde das Buch „Die Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome veröffentlicht. Was können wir für den Klimaschutz daraus lernen?
„Schaumberge auf den Flüssen, …
… zunehmender Fluglärm, wilde Müllkippen und aufkommende Atomkraft“, so beschreibt SWR-Redakteur Axel Weiß in seinem Rückblick die Anzeichen einer drohenden Umweltkatastrophe, die zur Gründung des Club of Rome führte.
Der italienische Industrielle Aurelio Peccei gründet die Vereinigung im Jahr 1968. Im Club of Rome arbeiten Wissenschaftler:innen und Expert:innen aus verschiedenen Fachgebieten zusammen, die aus über 30 Ländern kommen. Sitz der Organisation ist heute Winterthur in der Schweiz.
Erderhitzung als dominierendes Thema
„Vom Wissen und Denken zum Handeln“ – so beschreibt der Club of Rome Deutschland seine Aufgabenstellung. Als „Denkfabrik der Zukunft“ stelle er die Frage ins Zentrum seiner Arbeit: „Wie sieht eine lebensfördernde Zukunft aus und wie können wir sie erreichen?“
Aktuelle Beiträge auf der Website behandeln den IPCC-Bericht, das Klimaschutzurteil des Bundesverfassungsgerichts, die Diskussion um die CO2-Steuer. Die Erderhitzung durch klimaschädliche Emissionen, 1972 nur von wenigen Wissenschaftler:innen in ihrer Bedeutung erkannt, ist dominierendes Thema. Kein Wunder, denn zu den Mitgliedern des Club of Rome zählen Expert:innen wie Energieökonomin Claudia Kemfert und Klimaforscher Mojib Latif.
Viele Handlungsfelder, ein Ziel: Klimarettung
Der Club of Rome hat auf internationaler Ebene maximal 100 Vollmitglieder, dazu kommen Assoziierte und Ehrenmitglieder ohne Stimmrecht. Auf Wikipedia gibt es eine Liste.
Sein ganzheitlicher Ansatz spiegelt sich in der Themenvielfalt. Neben der Klimakrise werden etwa Finanzen, Demokratie, Leadership und Kommunikation sowie Bildung bearbeitet. Natürlich alles Themen, die auch im Rahmen der für die Klimarettung nötigen Transformation von enormer Bedeutung sind. Es ist gerade die fachübergreifende Betrachtung, die komplexe Zusammenhänge deutlich macht und es ermöglicht, aus Fakten auch Empfehlungen für Maßnahmen abzuleiten.
1972: The Limits to Growth
Das war auch 1972 schon sichtbar, als der erste Bericht unter dem Titel „The Limits to Growth. A Report for the Club of Rome’s Project on the Predicament of Mankind“ (Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit) erschien.
Die zentrale Schlussfolgerung der am Massachussetts Institute of Technologi (MIT) erstellten Studie lautet:
„Wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen unverändert anhält, werden die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht.“(1)
Dynamisch verknüpfte Daten
Der Bericht lenkte, nachdem er noch 1972 in Buchform veröffentlich wurde, weltweit die Aufmerksamkeit auf den Umweltschutz. Was besonders beeindruckte, war der detaillierte Blick in unsere Zukunft, der durch eine Computeranalyse verschiedener Szenarien möglich wurde. Fünf Kernthemen standen im Fokus: Industrialisierung, Bevölkerungswachstum, Unterernährung, Ausbeutung natürlicher Ressourcen und die Zerstörung von Lebensraum.
Ausgehend vom Studienjahr 1972 wurden Daten aus der Vergangenheit dynamisch verknüpft, um die Zukunft vorherzusagen – über mehr als 30 Jahre, das schaffte seinerzeit kein anderes Modell. Dazu kamen wichtige Erkenntnisse, was die Wechselwirkung der einzelnen Faktoren angeht. So wächst die Bevölkerung nicht ohne Ernährung, doch um mehr Nahrungsmittel zu produzieren, ist mehr Kapital erforderlich. Das Kapital wiederum benötigt dann mehr Rohstoffe, so dass die Umweltverschmutzung zunimmt. Diese beeinflusst das Wachstum der Bevölkerung und die Nahrungsmittelproduktion.
Eine Art Todesspirale
Die Studie zeichnet also eine Art Todesspirale, basierend auf dem Verschwinden der natürlichen Ressourcen. Die Warnung ist eindeutig: „Wenn die Menschheit wartet, bis die Belastungen und Zwänge offen zutage treten, hat sie wegen der zeitlichen Verzögerungen im System zu lange gewartet.“ Um den Untergang zu verhindern, müssten weltweit Maßnahmen ergriffen werden, eine internationale Zusammenarbeit sei unabdingbar.
Denn nur das Ende des Wachstums, wie wir es immer noch definieren, könne, so die Forscher:innen seinerzeit, verhindern, dass Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft immer weiter sinken würden.
Tatsächlich lassen sich viele Maßnahmen auf die Erkenntnisse aus „Die Grenzen des Wachstums“ zurückführen. Beispiel Bevölkerungsentwicklung: Die Hochrechnung von 1972 sagte voraus, dass es 2002 sieben Milliarden Menschen geben werde. Länder wie China starteten daraufhin eine restriktive Bevölkerungspolitik.
Planetare Grenzen
Wie in der Klimakrise, so gab es auch 1972 schon Kritiker:innen, die versuchten, die Studie zur Zukunft des Systems Erde zu diskreditieren. Bis heute wird etwa bemängelt, dass laut der ersten Studie einzelne Rohstoffe noch im 20. Jahrhundert erschöpft sein sollten. In den weiteren Ausgaben wurden die Daten verfeinert, unabhängig davon hat sich aber an den Grundaussagen bis heute nichts geändert.
„Die Grenzen des Wachstums“ sind inzwischen in über 30 Millionen Exemplaren in 30 Sprachen verkauft worden. Wissenschaftler:innen wie Ökonomin Claudia Kemfert erkennen an, dass die Studienmacher:innen ihrer Zeit voraus waren: „Wir diskutieren ja noch immer … sehr intensiv über planetare Grenzen, so würden wir das heute nennen. Damals waren es Grenzen des Wachstums.“ (Zitat: SWR)
Fazit: Wir müssen die Geschichte fortschreiben
Der Club of Rome hat Umweltzerstörung und Ausbeutung der Ressourcen weltweit auf die Agenda gesetzt. Auch wenn wir manchmal das Gefühl haben, in Kampf gegen die Klimakrise herrsche Stillstand, können wir feststellen: Ohne „Die Grenzen des Wachstums“ wären die Aussichten noch schlechter.
Es gilt allerdings, die Geschichte fortzuschreiben und auf Basis wissenschaftlicher Fakten und Modelle das Bewusstsein für die nötige Transformation hin zur Klimaneutralität zu schaffen. Zu dieser Aufgabe verpflichten uns die nachfolgenden Generationen – und der essenzielle Impuls, den „Die Grenzen des Wachstums“ der Menschheit gegeben hat.
Quelle:
(1) Meadows u. a.: Die Grenzen des Wachstums 1972, Übersetzung von Hans-Dieter Heck, 14. Aufl., Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, 1987, ISBN 3-421-02633-5: S. 17.