Die Klimaliste gibt es als bundesweite Partei nun seit zwei Jahren – das ist kein Grund zum feiern. Wir gehen nicht in die Politik, weil das Spaß macht, sondern weil es notwendig ist. Ein bisschen Hoffnung keimt nun auf, da die Regierung sich auf dem Weg einer Einigung im Koalitionsstreit um das neue Gebäuseenergiegesetz befindet. Das Gesetz ist eine längst überfällige Selbstverständlichkeit, die alleine nicht Lösung sondern Grundlage zur Entwicklung von Lösungen darstellt.
Mit gezielter Desinformation und Falschmeldungen haben es konservative Medien geschafft, die positive Haltung der Menschen gegenüber einer klimaneutralen Heizungsumstellung zu kippen.[1] Statt ihre Möglichkeiten zu nutzen, um die Menschen darüber zu informieren, wie genau eine Heizwende gelingen kann und ihre Notwendigkeit auch vor dem Hintergrund der über den Winter herrschenden Versorgungsunsicherheit mit Erdgas zu begründen, wird mit vorgeschobenen Argumenten eine Angst vor der Wärmewende geschürt.
Das geplante Gesetz ist in dieser Art typisch deutsch: Das verbieten, was man sich nicht mehr lange wird leisten können. Richtig wäre, den Aufwand für die Wende gezielt zu minimieren. Dies kann gelingen, z.B. indem man eine klimaneutrale Wärmeleitplanung zur kommunalen Pflichtaufgabe erhebt. Nun aber werden Kommunen noch bis 2028 Zeit haben, eine solche Planung vorzulegen[2] und wie weit sie damit gehen dürfen, ist unklar. Insbesondere sollte es möglich werden, ganze Quartiere auf einmal zu sanieren, ein Wärmenetz zu verlegen und das Gasnetz stattdessen zurückzubauen. Paralleler Betrieb beider Infrastrukturen treibt die Kosten. Bisher wird aber weiter munter in den Ausbau der Gasnetze investiert[3] und es werden milliardenschwere Investitionsruinen geschaffen[4], die wir als Gesellschaft am Ende teuer abbezahlen müssen.
In Kombination mit Industrieabwärme oder tiefer Geothermie können Wärmepumpen eine erheblich höhere Leistungszahl erreichen, als mit Umgebungsluft. Klassische Luftwärmepumpen kommen ohne umfangreiche Verstärkung der Gebäudedämmung soweit, dass man damit zu ähnlichen Kosten heizen kann, wie aktuell noch mit einer Gasheizung. Aber die Kosten für den Umbau werden unter der Fehlannahme, dass Gas billig bleibt, nicht immer rein geholt. Ohne direkte Aussicht auf Kosteneinsparung ist das Konzept schwer zu vermitteln. Vor allem sind leistungsstarke Wärmepumpen in Deutschland sehr teuer. Das liegt daran, dass wir diese Technologie viel zu lange nicht in den breiten Markt gebracht haben. Jetzt hinkt die deutsche Industrie hinterher, Handwerksbetriebe sind zum Teil nicht darauf eingestellt, Wärmepumpen einzubauen.
Für eine generelle Wärmesanierung gilt ohnehin: Erst dämmen dann Wärmepumpe! Mit der Dämmung sinkt auch die Vorlauftemperatur und die Leistungszahl der Wärmepumpe steigt.[5] Das Gesetz sattelt das Pferd also von hinten auf. Es ist nun Aufgabe von Politik und Medien, Menschen dazu anzuhalten, ihre Häuser zu dämmen, bevor der Heizungstausch ansteht. Obwohl alle Fachkundigen seit Jahren, eher Jahrzehnten wissen, wie dieser richtige Weg aussieht und dass Wärmepumpen die dominierende Technologie für die Zukunft sein werden, wurde noch viel zu oft auf fossile Lösungen gesetzt.
Um Unternehmen auf den Stand der Zeit zu schieben und fossile Fehlplanung zu verhindern, ist das neue GEG, das Wirtschaftsminister Habeck federführend voran bringt, unbedingt erforderlich. Sicher wird eine 100%ige Einhaltung in unserer prekär-fossilen Ausgangslage nicht immer möglich sein. Statt immer neue Ausnahmen zu beschließen, könnte der Staat auch einen anderen Weg gehen: Den Einbau einer neuen Gasheizung straffrei stellen, falls entsprechende Beratung in Anspruch genommen wurde, aber keine bezahlbare Alternative umsetzbar war. Die Debatte zeigt nun, dass diese Grundidee auch den Grünen kursiert.[6]
Ein Hemmnis ist eben, dass sich Menschen zum Zwecke des Klimaschutzes um Beratung bemühen müssen. Das kann dazu führen, dass man unter Zeitdruck dann doch wieder die altbekannte Lösung kauft. Verpflichtender Beratungsaufwand sollte daher für fossile Lösungen obligatorisch werden. Auch Gasheizungen, die auf Wasserstoff umgerüstet werden können, sind erstmal fossile Technologie und H2-readyness eine Ausrede, sich nicht mit Technologieoffenheit beschäftigen zu müssen. Wie es aussieht, wird die FDP aber eine Erlaubnis für Wasserstoffheizungen durchsetzen können, wo noch keine kommunale Wärmeleitplanung vorliegt.[7]
Ich möchte allen davon abraten, jetzt noch auf Gasheizungen zu setzen, auch wenn diese wasserstofffähig sind. Fordert von euren Kommunen eine Wärmeleitplanung ein, noch vor der gesetzlichen Frist, nehmt die bestehenden Energieberatungen in Anspruch und helft euch notfalls mit einem einfachen Splitgerät für die wichtigsten Räume im Haus aus.
Sozial gerechte Lösungen zu schaffen und den Menschen einen Plan zu bieten, wo man sich wann an ein Wärmenetz anschließen können wird, ist eine wichtige Aufgabe, die man vor Jahren in Angriff hätte nehmen sollen. Hat man aber nicht. Wir haben erlebt, dass selbst nach Angriff auf die Ukraine und der daraus folgenden Preisexplosion beim Erdgas, Vorschläge für den Einbau von Wärmenetzen bei günstiger Gelegenheit aktiv durch die Politik blockiert wurden.[8] Solange der Druck durch ein zeitnahes Verbot für den Einbau neuer, fossiler Heizungen fehlt, geht es nicht vorwärts. Das hat in Deutschland leider System.
Wenn das neue GEG noch länger verschoben und noch weiter abgeschwächt wird, wird Deutschland in zukunftssicherer Technologie weiter abgehängt, wir werden einen erheblichen Anteil unseres Bruttoinlandsprodukts an fossile Großkonzerne im Ausland verschenken und Arbeitsplätze verlieren. Das war bei der PV-Industrie ab 2012 bereits so, bei der Windenergie teilweise ab 2015 und wenn die FDP weiterhin den technologieoffenen Umstieg auf effiziente Heizungen blockiert, wird es mit der Wärmepumpentechnologie wieder so kommen.
[1] https://www.telepolis.de/features/Maulkorb-Erstaunliche-ARD-Zensur-bei-der-Energiewende-9163718.html
[2] https://www.berliner-zeitung.de/news/heizungsgesetz-leitplanken-im-wortlaut-regeln-fuer-neue-heizungen-im-bestand-gelten-erst-ab-2028-gebaeudeenergiegesetz-ampel-einigung-li.358734
[3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/162214/umfrage/gasnetzentwicklung-in-deutschland-seit-dem-jahr-1996/
[4] https://www.agora-energiewende.de/blog/worueber-keiner-reden-will-der-bevorstehende-abschied-vom-gasnetz/
[5] https://www.energie-experten.org/heizung/waermepumpe/leistung/vorlauftemperatur
[6] https://daserste.ndr.de/annewill/videos/Heizungsstreit-und-Ampel-Frust-Ist-die-Regierung-noch-handlungsfaehig,annewill8014.html – ab Minute 13
[7] https://www.spiegel.de/wirtschaft/heizungsgesetz-darauf-hat-sich-die-ampel-geeinigt-im-wortlaut-a-6875e4e9-0aba-46ba-b50e-a62a3d1f4bf7
[8] https://klimaliste-darmstadt-dieburg.de/presse/220308-KommentarZumWaermenetz.html#stellungnahme