Die Ersatzstimme ist eine ideale Alternative zur Herabsenkung der 5%-Hürde. Das Demokratie-Update ist vielerorts bereits Praxis und macht unser bisheriges Wahlsystem tatsächlich gleich, frei, gerecht, aussagekräftig und sogar integrativ.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und der vorangegangenen Machtergreifung der NSDAP wurde zur Verhinderung einer erneuten Zersplitterung der Parlamente eine Mindestgröße von 5% der Wählerstimmen für den Einzug einer Partei in den Land- und Bundestag eingeführt. Bereits seit Längerem und nach fast jeder Wahl erneut steht die 5%-Hürde jedoch in Kritik das Wählerverhalten zu beeinflussen und undemokratisch zu sein, da in manchen Wahlen über 20% der Wählerstimmen unter den Tisch fallen und den großen Parteien damit zugutekommen. Aber es gibt auch ein anderes System eine gerechtere Wahl herbeizuführen, das beispielsweise in Irland schon in der Praxis ist: Die Ersatzstimme.
Das Prinzip ist einfach: Die wählende Person gibt der favorisierten Partei ihre Stimme und zusätzlich eine Stimme an eine Weitere, falls es die erste Partei nicht über die Sperrklausel schafft. Die Auszählung dauert dadurch zwar länger, doch den Aufwand ist es wert:
- Eine Ersatzstimme, oder auch Dualwahl, sorgt für eine Gleichheit der Wahl, weil sich jede abgegebene Stimme tatsächlich in der Sitzverteilung der Parlamente widerspiegelt.
- Die Wähler:innen haben durch eine Ersatzstimme eine tatsächliche Wahlfreiheit, weil sie sich nicht zwischen der Partei, die ihrer Überzeugung am meisten entspricht, und der Sicherheit, dass ihre Stimme zählt, entscheiden müssen.
- Bisher sind die Wahlergebnisse aufgrund von taktischem Wählen verzerrt. Da bei einer Ersatzstimme jede abgegebene Stimme zum Tragen kommt, sind die Wahlergebnisse aussagekräftiger und zeigen den tatsächlichen Wählerwillen und sogar Koalitionsvorlieben. Dies erhöht die demokratische Qualität der Wahl.
- Durch das Wegfallen von Koalitionspartnern aufgrund der Sperrklausel geht die Regierung bisher teilweise an eine Partei, die nicht über eine Mehrheit der Stimmen gedeckt ist. Eine Ersatzstimme bringt dagegen eine höhere demokratische Legitimation.
- Große Parteien berücksichtigen und arbeiten mit Kleinstparteien und deren Wählenden mehr zusammen, um unter Umständen deren Ersatzstimmen zu erhalten. Wähler:innen fühlen sich durch die Berücksichtigung ihrer Außenseiterstimme ernster genommen und identifizieren sich besser mit dem Wahlsystem. Diese beiden Aspekte verbessern daher die demokratische Integration und steigern die Wahlbeteiligung.
Die sogenannte Integrierte Stichwahl kommt bereits in Australien, der Republik Irland, bei den Präsidentschaftswahlen in Sri Lanka und San Francisco, dem House of Lords im Vereinigten Königreich und seit November 2018 zu den Midterm Elections im US-Bundesstaat Maine zum Einsatz.
Bestrebungen um eine Dualwahl gab es in Deutschland ebenfalls schon: 2015 und 16 brachte die Piratenpartei in den Landtagen Saarland und Schleswig-Holstein entsprechende Gesetzesentwürfe zur Ersatzstimme ein. 2019 sprach sich auch die ÖDP dafür aus.
Die großen Parteien sind einer Ersatzstimme bisher nicht zugeneigt aus Angst an Stimmen zu verlieren. Doch tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Die Stimmen, die sonst unter der 5%-Hürde verloren gehen würden, bekommen eine zweite Chance und werden dann an die etablierten Parteien verteilt.
Die Ersatzstimme ist eine gute Alternative zur Herabsenkung der 5%-Hürde, weil sie nicht nur gerechter ist, sondern auch Politikverdrossenheit entgegenwirkt. So gewinnen alle, vor allem unsere Demokratie!
Und wer immernoch der Überzeugung ist Deutschland trage nur einen geringen Teil zum Klmawandel bei: Dieser ist mit 1,58% (739 000 000 t deutsche Treibhausgasemissionen / 46 770 000 000 t weltweite Treibhausgasemissionen) doch deutlich höher als die 0,00000002% (1/46 854 508 abgegebene Stimmen BTW 2021) Einfluss seiner Wahlstimme.
Quellen:
https://de.statista.com/themen/2442/treibhausgasemissionen/#dossierKeyfigures