Die geplante Gasförderung vor der Nordseeinsel Borkum bedroht das Wattenmeer, eines der bedeutendsten und sensibelsten Ökosysteme Europas, das als UNESCO-Weltnaturerbe unter internationalem Schutz steht. Mit der Zustimmung des Bundeskabinetts zu einem Abkommen mit den Niederlanden wurde eine entscheidende Hürde für die Erschließung eines grenzüberschreitenden Erdgasfeldes genommen. Doch bevor das Vorhaben umgesetzt werden kann, müssen Bundestag und Bundesrat dem Vertragsgesetz zustimmen. 1
Der niederländische Energiekonzern ONE-Days plant auf niederländischem Hoheitsgebiet eine Gasförderplattform zu bauen, Bohrungen werden aber in das deutsche Gebiet hineinreichen. Das geplante Gasfeld soll über mehrere Jahre zwischen 4,5 und 13 Milliarden Kubikmeter Gas liefern, was zwischen sechs und sechzehn Prozent des deutschen Jahresverbrauchs von 2024 entspricht.2 Diese geringe Menge an Gas rechtfertigt den massiven Eingriff in das Ökosystem Wattenmeer mit erheblichen Folgen für Natur- und Klimaschutz nicht.
Bedeutung für das Ökosystem Wattenmeer
Das Wattenmeer ist Lebensraum für zahlreiche bedrohte Arten, darunter Schweinswale, Kegelrobben und unzählige Vogelarten. Schon jetzt ist die biologische Vielfalt des Wattenmeeres durch Verschmutzung, Übernutzung und den Klimawandel in Gefahr. Wissenschaftliche Studien belegen den deutlichen Rückgang von Tier- und Pflanzenpopulationen in den letzten Jahrzehnten. So fanden Wissenschaftler.innen der Universitäten Oldenburg und Groningen in einer Studie heraus, dass sich das Ökosystem Wattenmeer erheblich gewandelt hat und die Populationsgrößen vieler Arten mit der Zeit sanken. Während die Populationen der einheimische Arten wie Kabeljau und Plattfisch schrumpfte, breiteten sich die Amerikanischen Schwertmuschel und die Pazifische Auster immer weiter aus.3 4
Ein fatales Signal für die Klimapolitik
Die geplante Gasförderung im Wattenmeer sendet ein fatales Signal für die Klimapolitik. Während die Bundesregierung dem Abkommen mit den Niederlanden zugestimmt hat, warnen Umweltverbände und zahlreiche Politiker.innen zu Recht vor den Folgen: Die Förderung fossiler Energien widerspricht den Klimazielen und gefährdet das empfindliche Ökosystem des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer. Die Folgen für bedrohte Arten wie den Schweinswal, sowie die weitere Industrialisierung der Nordsee sind kritisch zu betrachten.5
„Die Entscheidung des Bundeskabinetts zeigt, dass kurzfristige Energieinteressen weiterhin Vorrang vor konsequentem Klimaschutz haben. Das ist ein Rückschritt in Zeiten, in denen ein schneller Ausstieg aus fossilen Energien dringend notwendig ist.“ erklärt Birgit Brennecke, Vorsitzende der Klimaliste Deutschland.
Bundestag und Bunderat müssen Gasförderung ablehnen
Angesichts der dramatischen Lage des Wattenmeers und der Klimakrise ist es zwingend notwendig, dass Bundestag und Bundesrat die Genehmigung für die Gasförderung vor Borkum verweigern. Die geringe Gasmenge steht in keinem Verhältnis zu den ökologischen und klimapolitischen Risiken. Statt kurzfristigen Interessen der fossilen Industrie nachzugeben, muss die Politik konsequent auf den Ausbau erneuerbarer Energien und den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen setzen.
„Mit der Zustimmung des Bundeskabinetts zur Gasförderung vor Borkum wurde eine rote Linie überschritten. In Zeiten der Klimakrise und des Artensterbens auf Kosten von Natur- und Klimaschutz neue fossile Projekte zu genehmigen ist ein fataler Rückschritt. Langfristig gefährdet Deutschland mit solchen politischen Entscheidungen auch die Glaubwürdigkeit beim internationalen Klimaschutz.“ führt Birgit Brennecke aus.
Die Klimaliste Deutschland lehnt neue fossile Projekte grundsätzlich ab und fordert deshalb ein klares Nein von Bundestag und Bundesrat zur Gasförderung vor Borkum. 6
- Tagesschau: Trotz scharfer Kritik. Bundesregierung stimmt Gasförderung vor Borkum zu, https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/bundeskabinett-gasfoerderung-borkum-100.html. ↩︎
- ZEIT: Erdgasfeld vor Borkum: Bundeskabinett stimmt für umstrittenes Abkommen zur Erdgasförderung, https://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-07/erdgas-borkum-beschluss-abkommen-niederlande-kritik. ↩︎
- Süddeutsche Zeitung: Wattenmeer. Weniger Muscheln, Seegras und Möwen, https://www.sueddeutsche.de/wissen/wattenmeer-rueckgang-muscheln-fischen-voegeln-li.3279116. ↩︎
- Happe, A., K. J. Meijer, J.-C. Dajka, et al. 2025. “ Synthesis of Population Trends Reveals Seascape-Wide Reorganisation of Biodiversity From Microalgae to Birds.” Global Change Biology 31, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/gcb.70298- ↩︎
- Riffreporter: „Wie Feuerlöschen mit Brandbeschleuniger“: Bundesregierung treibt Erdgas-Förderung vor Borkum voran, https://www.riffreporter.de/de/umwelt/erdgas-bohrinsel-bundesregierung-vertrag-deutschland-niederlande-borkum-nordsee-one-dyas . ↩︎
- Bildnachweis: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:North_Sea_Oil_Rig_(7573694644).jpg ↩︎