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Klimaklage gegen RWE: Historisches Signal für den globalen Klimaschutz trotz Zurückweisung

Nach zehn Jahren wurde in der Klimaklage „Lliuya gegen RWE“ das Urteil gesprochen. Obwohl das Oberlandesgericht Hamm die Klage des peruanischen Bauerns zurückwies, hat das Urteil positive Folgen.

Was macht Klimaklagen erfolgreich?

Forscher der Columbia University haben festgestellt, dass 2.500 Klimaklagen bis 2023 ausgefochten wurden. Laut der Studie soll es in Deutschland bis 2022 lediglich 28 Klimaklagen gegeben haben. Zwischen 2020 und 2023 hat sich die Anzahl der Klimaklagen vervierfacht.

Klimaklagen sind ein wirksames Instrument von Einzelpersonen oder Organisationen um mehr Klimaschutz einzufordern. Auch wenn eine Klage abgewiesen wird, kann sie dennoch als Erfolg gewertet werden, wenn sie die öffentliche Debatte voranbringt oder neue juristische Maßstäbe setzt.1 Desweiteren können so Mängel in der Gesetzgebung oder bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen aufgedeckt werden. 

Erfolgreiche Klimaklagen zeichnen sich häufig durch eine breite gesellschaftliche Unterstützung und mediale Aufmerksamkeit aus. Sie geben Betroffenen eine Stimme und erhöhen den politischen Druck auf Entscheidungsträger. 

Der Fall Lliuja gegen RWE

Trotz gescheiterter Klage wird in der Öffentlichkeit mehrheitlich eine positive Schlussfolgerung aus der Klimaklage gezogen. So bezeichnet das Wuppertal Institut das Urteil als „historisch für Klimagerechtigkeit“ 2 und Germanwatch als „bahnbrechend“ 3. Doch worum ging es überhaupt in der Klage? 

Der peruanische Bauer Saúl Luciano Lliuya hatte 2015 den Energiekonzern RWE verklagt, weil er den Schutz seines Hauses in Huaraz durch die Gletscherschmelze in den Anden in Gefahr sah. Im Sommer baut Lliuya dort Mais, Kartoffeln und Quinoa an und im Winter führt er Menschen durch die Berge, denn die Region ist fürs Bergsteigen bekannt. 
Der Gletschersee Palcacocha fürhrt heute im Vergleich zu den 1970er Jahren dreizigmal mehr Wasser. Insgesamt ist in Peru bereits mehr als die Hälfte der Gletschereises abgeschmolzen. Es besteht die Gefahr, dass Eis- oder Felslawine in den See stürzen und eine Flutwelle auslösen.4

Die Gletscherschmelze ist eien Folge des Klimawandels, zu dem RWE als Großkonzern mit seinen CO₂-Emissionen erheblich beträgt. Deshalb forderte Lliuya, dass sich RWE anteilig an den Kosten für Schutzmaßnahmen beteiligt – entsprechend dem Anteil des Unternehmens an den globalen Emissionen. 0,47 Prozent sind das aktuell. 5

Nach jahrelangem Rechtsstreit mit Gutachten, Aktenbergen und Ortsbesichtigungen in Huaraz hat das Oberlandesgericht Hamm im Mai 2025 die Klage in zweiter Instanz abgewiesen. Die Richter sahen keine ausreichend konkrete Gefahr für Lliuyas Eigentum in naher Zukunft. Das Gericht stellte erstmals fest, dass große Konzerne wie RWE, die s. g. Großemittenten grundsätzlich für Klimaschäden haftbar gemacht werden können.6

Dazu erklärte die Klägeranwältin Dr. Roda Verheyen, Partnerin bei der Kanzlei Günther: 

„Große Emittenten können für die Folgen ihrer Treibhausgasemissionen zur Verantwortung gezogen werden. Das Urteil ist ein Meilenstein und wird Klimaklagen gegen fossile Unternehmen und damit der Abkehr von fossilen Brennstoffen weltweit Rückenwind geben.“7

Was bedeutet dieses Urteil für den globalen Klimaschutz? 

Dieses Grundsatzurteil sendet ein starkes Signal an die Industrie und Politik: Unternehmen müssen sich der Verantwortung für ihre Emissionen stellen. Die Entscheidung stärkt Betroffene weltweit, die bereits heute unter den Folgen der Klimakrise leiden. In anderen Klimaklagen gegen fossile Konzerne kann nun auf dieses Urteil Bezug genommen werden. 

Auch wenn der konkrete Fall scheiterte, hat das Urteil die Diskussion um Klimahaftung auf eine neu entfacht und zeigt: Klimaschutz ist nicht nur eine politische, sondern auch eine juristische Herausforderung.

Solange Staaten und Unternehmen ihren Verpflichtungen im Klima- und Umweltschutz nicht ausreichend nachkommen, sind Klimaklagen ein wichtiges Mittel, um auf diese Missstände aufmerksam zu machen. Sie schärfen das öffentliche Bewusstsein und können dazu beitragen, dass Politik und Wirtschaft stärker in die Verantwortung genommen werden.

Damit der Druck auf die Entscheidungsträger weiter wächst, brauchen wir dringend mehr Menschen, die bereit sind, sich aktiv für den Klima- und Umweltschutz einzusetzen – auch wenn es unbequem wird oder Widerstände auftreten. Nur gemeinsam können wir nachhaltige Veränderungen erreichen und unsere Lebensgrundlagen bewahren. 

Anmerkung: Im Zusammenhang mit der Räumung von Lützreath hatten wir bereits über RWE berichtet. https://klimaliste.org/blog/windkraft-ausbauen-statt-luetzerath-abbaggern/

  1. Deutschlandfunk: Klimaklagen. Wenn Zivilpersonen für den Klimaschutz vor Gericht ziehen, https://www.deutschlandfunk.de/klimaklagen-deutschland-klimaziele-erfolg-scheitern-100.html. ↩︎
  2. Wuppertal Institut: Historisches Urteil für Klimagerechtigkeit: OLG Hamm entscheidet über Haftungspflichten von Großemittenten. Ein Statement von Giacomo Sebis, Ass. iur., https://wupperinst.org/a/wi/a/s/ad/8964/.  ↩︎
  3. Germanwatch: Bahnbrechendes Urteil in Klimaklage: Große Emittenten können für Klimarisiken haftbar gemacht werden, https://www.germanwatch.org/de/93166.  ↩︎
  4. Deutschlandfunk Kultur: Der Andenbauer, der RWE verklagte, https://www.deutschlandfunkkultur.de/saul-luciano-lliuya-peru-bauer-rwe-klimaklage-100.html. ↩︎
  5. tagesschau: Peruaner scheitert gegen RWE. Warum die Klimaklage abgewiesen wurde https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/peru-rwe-klimaklage-faq-100.html.  ↩︎
  6. OLG Hamm: Pressemitteilung, Zurückweisung der Berufung in dem Verfahren des peruanischen Bergführers Lliuya gegen RWE,https://www.olg-hamm.nrw.de/behoerde/presse/Pressemitteilungen/14_26_PE_OLG_VT-Lliuya_RWE/index.php. ↩︎
  7. Legal Tribun Online: Peruanischer Bauer gegen RWE Was das Urteil des OLG Hamm bedeutet, https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/olg-hamm-5u1517-klimaklage-peruanischer-bauer-gegen-rwe-abgewiesen. ↩︎